Förderfokus schärfen und Wirkungen maximieren mit Profis für philanthropische Zwecke

Teil 1 des Interviews

Philanthropen und Anlegerinnen, welche die soziale der monetären Rendite vorziehen, sind oft überfordert mit der Auswahl von unterstützenswerten Investitionen. Es gibt Profis, die ihnen dabei helfen, sich im Dschungel der humanitären oder kulturellen Projekt-Ideen zurechtzufinden und die maximale Wirkung ihres Einsatzes zu erzielen. Profis wie Social Investors, mit dessen Führungstrio wir uns ausgetauscht haben. 

AlphaFoundation: Sie unterstützen Stiftungen und Einzelpersonen darin, ihre philanthropischen Ziele zu erreichen. Was ist der Mehrwert Ihrer Unterstützung?

Social Investors: Von den über 13’000 gemeinnützigen Stiftungen in der Schweiz haben 80 Prozent ein Stiftungsvermögen von weniger als fünf Millionen Franken, mit deren Erträgen sie Zwecke unterstützen können. Vor allem kleinere Stiftungen oder auch Philanthropen, die sich ohne die Rechtsform einer Stiftung engagieren, fehlt oft eine eigene administrative Struktur, zum Beispiel eine Geschäftsstelle, um sich im angemessenen Masse den von ihnen geförderten Projekten widmen zu können. Kurz gesagt: Sie haben die finanziellen Mittel, aber es fehlt ihnen an Zeit oder Knowhow, um die Wirkung der verschiedenen Initiativen zu verfolgen und die Beziehung zu Projektpartnern zu pflegen. Dennoch wollen sich viele von ihnen professionalisieren, ihren Förderfokus schärfen oder genauer verstehen, wie ihre Mittel eingesetzt werden. Wir können die dafür notwendigen praktischen und strategischen Aufgaben übernehmen, und besuchen für sie die internationalen Umsetzungspartner regelmässig vor Ort. Dadurch entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis und damit eine Basis für transparente Kommunikation und gemeinsames Lernen. 

AlphaFoundation: Moderne Stiftungen wollen sich in den Prozess einbringen. Statt des traditionellen Prozesses (Gesuch->Finanzierung->Schlussbericht->erneutes Gesuch etc.) erwarten sie Einblick und Mitwirkung im laufenden Prozess. Wie sinnvoll ist dies?

Social Investors: Grundsätzlich setzt sich zu Recht die Überzeugung durch, dass die Projektpartner die Profis sind und die nötige Erfahrung und das Wissen besitzen, wie gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen sind. Dies ist besonders bei Organisationen der Fall, die in Weltregionen aktiv sind, mit denen die Stiftungen und Philanthropinnen nicht vertraut sind.

Es gibt jedoch sowohl grosse Stiftungen, die selbst innovative Lösungen in grösserem Massstab entwickeln, initiieren und in Allianzen etablieren können, als auch kleine Stiftungen oder Philanthropinnen – beispielsweise Unternehmerinnen –, die ihre Kompetenzen einsetzen, um das Entwicklungspotential von NGOs zu erkennen und über die Geldmittel hinaus deren Resilienz zu stärken. Eine gute, vertrauensvolle Beziehung zwischen den Partnern ist die Voraussetzung, damit diese Aktivitäten zielführend sind und von den Mitarbeitenden der Partnerorganisationen angenommen werden.

AlphaFoundation: Sollen Geldgeberinnen also ihre Nase in laufende Prozesse stecken?

Social Investors: Einblicke in die laufenden Prozesse sind grundsätzlich sinnvoll. Den Umsetzungspartnern unangemessen hohe Reporting-Hürden zu stellen, raubt jedoch wertvolle Zeit – auf beiden Seiten der Partnerschaft. Aber ein angemessener und vertrauensvoller Dialog zu den Erfolgen und Herausforderungen des Projekts und der Organisation kann hilfreich sein, wenn er dem gemeinsamen Lernen dient und dadurch die Arbeit aller Beteiligter stetig verbessert.

AlphaFoundation: Kommen wir zur Wirkungsmessung von Projekten. Warum reicht ein Abschlussbericht heute nicht mehr? Warum braucht es die Methode der Wirkungslogik (Impact->Outcome->Output->Impact)? 

Social Investors: Wir sollten uns die Frage der Wirkung grundsätzlich stellen, wenn wir mit unserer Arbeit gesellschaftliche Veränderung erzielen wollen. Ein ausführlicher Wirkungsbericht, den hinterher niemand liest, ist jedoch reiner Selbstzweck. Stattdessen sollte bereits von Anfang an mitgedacht werden, welche Erkenntnisse in die Stiftungsarbeit einfliessen sollen, wie dieser Prozess gestaltet werden muss, und welche Partner im Umfeld ausserdem von den Erkenntnissen profitieren könnten. 

Dabei ist stets Augenmass angezeigt. Häufig begegnet man übermässig komplexen und komplizierten Wirkungsmodellen und -methoden, welche die Illusion erzeugen, das Unkontrollierbare sei zu kontrollieren. Es ist eine zu hinterfragende Vorstellung, dass eine Logframe-Analyse [1]


[1] Systematische Methode zum Verständnis und zur Darstellung der Beziehungen zwischen den vorhandenen Ressourcen, Aktivitäten und erhofften Veränderungen oder Ergebnissen eines Projektes oder Programms. Der Vorteil besteht darin, dass die Evaluation bereits im Design des Prozesses mitgedacht wird.


oder ähnlich komplexe Messmethoden für jede Stiftung, jedes Projekt oder jede Organisation sinnvoll wären – ganz abgesehen davon, dass diese häufig nur der nachträglichen Legitimation dienen.

Logframe (Maske) – eine beliebte Matrix, aber nicht unter allen Umständen die beste Methode:

Logframe (ausgefülltes Beispiel):

Wirkungstreppe (Muster):

Förderfokus schärfen und Wirkungen maximieren

AlphaFoundation: Welches Vorgehen empfehlen Sie also, um solche Lehrläufe zu vermeiden?

Social Investors: Grösste Wirkung erreicht man über die sorgfältige Auswahl der Organisationen, und indem diese mit den Mitteln unterstützt werden, die sie wirklich benötigen. Um zu erfahren, was sie wirklich benötigen – und nicht was wir glauben, das sie benötigen – ist der regelmässige und vertrauensvolle Dialog mit den Partnern und ihrem Umfeld unabdingbar. Dieses Vertrauen wird weiter gestärkt durch eine gesunde Fehler- und Lernkultur, welche die Grundlage für die beiderseitige Verbesserung bildet.

AlphaFoundation: Welche Förderprojekte können Sie nennen, deren Wirkung ausgewiesen ist? Und welche Instrumente setzen Sie ein, um diese Wirkung zu messen?

Social Investors: Im Auftrag eines privaten und von einer Familie unterstützten Theaters in Lateinamerika führten wir eine SROI-Analyse[2]


[2] Methode zum Verständnis der Art und Weise wie bestimmte Aktivitäten Mehrwert generieren, und um diesen Mehrwert in Geldwert einzuschätzen. Dies erleichtert es den Partnerorganisationen und Stiftungen, ihre soziale und ökologische Wirkung zu kommunizieren.


durch, welche die Auswirkungen der Institution auf die umliegende Bevölkerung, insbesondere auf die Jugend, untersuchen sollte. Wir stellten fest, dass die «soziale Rendite» in der Tat gross war – wenn auch nicht auf die Art und Weise, wie es die Familie erwartet hatte. Die Wirkung des Besuchs einer Theatervorstellung verblasste im Vergleich mit dem Einfluss des örtlichen Schulsystems. Stattdessen schlug das Theater eine Brücke zwischen den verschiedenen sozioökonomischen Klassen in der Region. Es stellte sich für viele der Befragten als die einzige Möglichkeit heraus, mit Gemeindemitgliedern anderer Gesellschaftsschichten in Kontakt zu kommen – eine wichtige Voraussetzung für den sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg. Die wahre Wirkung des Theaters ergab sich also aus der Zusammenführung verschiedener Welten, und nicht dadurch, dass die Kinder Beethoven oder Bach hörten. 

Diese Erfahrung zeigt, dass die Wirkungsmessung nicht immer die erwarteten Ergebnisse bringt, aber grosses Potenzial bietet, die eigene Arbeit besser zu verstehen und dadurch noch zielführender zu gestalten.


Den zweiten Teil des Interviews finden Sie jetzt hier.


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