Förderfokus schärfen und Wirkungen maximieren mit Profis für philanthropische Zwecke
Im ersten Teil dieses Interviews gab uns das Führungstrio der „Social Investors“ Einblicke seine Arbeit, die Wichtigkeit der Wirkungsmessung und die Wege auf denen Stiftungen diese für sich nutzen und sichtbar machen können. In diesem zweiten Teil nun nehmen Sie uns nun noch einmal mit in die Welt der Wirkungsmessung und wie diese im Zusammenhang mit Digitalisierung, dem Willen zur Selbstreflexion und Transparenz die Stiftungswelt auch in Zukunft prägen wird.
AlphaFoundation: Die Digitalisierung macht Riesensprünge. Es gibt Software-Angebote für Stiftungen, die den Gesuchs-, Monitoring- und Evaluationsprozess stützen und die Stiftungen bei der Triage entlasten. Wie kann und wird die Digitalisierung insbesondere die Wirkungsmessung unterstützen?
Social Investors: Bei grösseren Programmen, die zum Teil auch über mehrere Jahre dauern, ist die Digitalisierung sicher angebracht und kann die Wirkungsmessung stark unterstützen. Allerdings sind viele Akteure im Stiftungsbereich technisch nicht versiert genug, um ihre Prozesse selbst zu digitalisieren. Abgesehen von der Anwendung der passenden Software müssen die jeweiligen Förderprozesse gründlich überprüft und möglicherweise überarbeitet werden, von den Auswahlkriterien bis hin zur Definition von Erfolg, wenn eine zielgerichtete Digitalisierung gelingen soll.
Als einen kollateralen Gewinn unserer Arbeit sehen wir die Möglichkeit, mit den Partnerorganisationen die verschiedenen Wirkungsmessungen zu erörtern. Dies erlaubt es ihnen, sich langsam in neue Techniken wie der Digitalisierung einzuarbeiten.
AlphaFoundation: Raten Sie zu diesem Schritt?
Social Investors: Ja, grundsätzlich raten wir dazu, die Wirkungsmessung mit digitalen Mitteln zu unterstützen, da die Vorteile den notwendigen Aufwand übersteigen.
AlphaFoundation: Transparenz war bei der Stiftungsarbeit schon immer ein Thema, nicht nur, was die Wirkungsmessung von Projekten betrifft, sondern auch bezüglich Wirkung der Stiftungen selbst. Wird die Wirkungsmessung auch Selbstreflexion und Strategie von Stiftungen beeinflussen?
Social Investors: Bisher wurde die Wirkungslogik vor allem auf der Projektebene angewendet, und erst allmählich tun dies immer mehr Stiftungen – vor allem die grösseren – auch auf der Strategieebene. Wenn dies gelingen soll, braucht es eine zeitnahe Messung und ein iteratives Strategieverständnis, damit die Erkenntnisse auch direkt angewendet werden können. Auch in einer kleineren Stiftung mit wenigen Projekten oder Programmen ist ein iteratives Strategieverständnis möglich und kann die konstruktive Selbstreflexion und die Bindung des Stiftungsrats an die Stiftungstätigkeit fördern. Dieser Prozess kann wiederum auch die Kommunikation der eigenen Ziele erleichtern und damit die Transparenz erhöhen.
AlphaFoundation: Stellen Sie ein solches allgemeines Bestreben fest?
Social Investors: In unserem Dialog auch mit kleineren Stiftungen haben wir festgestellt, dass sehr wohl ein Interesse für eine konstruktive Selbstreflexion vorhanden ist. Wirklich «agile» Stiftungen, die ihre Ziele regelmässig hinterfragen, gibt es momentan noch wenige, aber das Interesse an dieser Arbeitsweise wächst.
Transparenz, Verbindlichkeit und Effizienz
AlphaFoundation: Wie sieht es aus mit der Akzeptanz der Wirkungsmessung (bei Projektunterstützern UND -bringern), die ja Transparenz, Verbindlichkeit, Effizienz bringen soll?
Social Investors: Auch hier geht es wieder um die Angemessenheit der Mittel und eine gesunde Dialogkultur. Wenn ich mich als Partner der geförderten Organisationen verstehe, kann ich sie von Anfang an in den Prozess mit einbeziehen und mit ihnen erörtern, wie auch sie von der Wirkungsmessung profitieren können.
AlphaFoundation: Diese kann aber auch wenig schmeichelhafte Resultate zutage fördern, wenn ein Projekt nicht hält, was es versprach.
Social Investors: Wenn sich tatsächlich herausstellen sollte, dass die Wirkung eines Engagements über längere Zeit nicht ausreichend nachweisbar ist, und wiederholte Anpassungsversuche keine Verbesserung bringen, muss man auch in der Lage sein, eine Förderbeziehung zu beenden. Unserer Erfahrung nach ist das oft eine schwierige Aufgabe für Stiftungen, die ein Projekt oder eine Organisation schon über einen längeren Zeitraum unterstützen. Auch die Beendigung einer Förderbeziehung sollte partnerschaftlichen Prinzipien folgen und die Organisation nicht völlig unvermittelt ihrem Schicksal überlassen.
AlphaFoundation: Wo liegen die Stolpersteine bei der Wirkungsmessung?
Social Investors: Besonders bei kleineren Projektpartnern, unter anderem in Regionen des globalen Südens, ist das Bewusstsein für eine Wirkungsmessung oft noch nicht weit verbreitet. Demzufolge müssen sich Stiftungen oder deren Vertreterinnen aktiv darum bemühen, die Wirkungsorientierung und die Methoden zu vermitteln. Aber auch grösseren Organisationen und Stiftungen fehlt häufig das nötige technische Knowhow, um die Wirkungsmessung selbst durchzuführen, und sie müssen sich dafür an externe Dienstleister wenden.
AlphaFoundation: Welche Trends erkennen Sie in der Schweizer Stiftungslandschaft bezüglich Wirkung und Transparenz?
Social Investors: Die Debatte zu neuen Trends ist dynamisch – auch dank der guten Arbeit der Stiftungsverbände. Themen wie partizipative Fördermethoden, Kernfinanzierung, Flexibilisierung von Zweck- oder Projektbindung sowie von Antragsprozessen werden intensiv diskutiert. Auch ist die Notwendigkeit von Wirkungsorientierung und Transparenz heute breit akzeptiert. Andererseits verläuft deren Umsetzung zum Teil eher langsam. Dies liegt zum einen daran, dass im Stiftungswesen kein Druck zur Veränderung, wie etwa in der Wirtschaft, gegeben ist. Zum anderen liegt es daran, dass die meisten Stiftungen klein sind, und viele Neuerungen nicht so schnell umsetzen können. Gleichzeitig nimmt der Druck der Politik auf die Freiheit der Stiftungen und das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Transparenz zu. Daher muss der Mehrwert, den Stiftungen der Gesellschaft bringen, noch besser belegt und kommuniziert werden.
Ein Weg dahin dürfte sein, dass langfristig die Methoden der Wirkungsmessung und die Messgrössen standardisiert werden, um eine bessere Vergleichbarkeit zu erreichen.
Das Interview führte für uns Karin Landolt.
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